Berichte » Der Putztag

Heute hatte ich meinem Pflegepferd Herbstglanz versprochen, ihn einmal richtig zu putzen und einfach wunderschön zu machen. Deshalb fuhr ich in aller Frühe mit dem Fahrrad zum Hof. Es war eisig und der Wind kroch mir unter die Winterjacke. Doch immer wenn dies geschah radelte ich ein bisschen schneller, um die klirrende Kälte zu ignorieren. Als ich dann am Hof ankam, rieb ich erstmal die vom Fahrtwind noch kälteren gewordenen Hände, über die ich mir, etwas spät, die Fäustlinge überzog. Dann schloss ich mein neues Fahrrad am Fahrradständer an und lief zum Stall. Ich war froh, als ich den Stall betrat und mir angenehme Wärme ins Gesicht schlug. Ich blieb eine Weile an der Tür stehen und wartete bis ich aufgetaut war. Dann stapfte ich mit meinen hohen Winterboots durch die Stallgänge. Durch die schmalen Fenster fiel leider nur wenig Licht herein, doch ich konnte gut sehen. Als ich an Herbstglanz Box angelangt war, spitzte das Pferd schon seine Ohren, versuchte den Kopf durch die Gitterstäbe zu stecken und trampelte unruhig mit den Hufen im Stroh. Lächelnd öffnete ich die Box und schloss sie hinter mir. Herbstglanz war froh, das ich da war. Klar, denn er war heute noch nicht bewegt oder auf die Koppel gelassen worden. Das war nicht gut, er musste heute noch sehr viel ruhig stehen bleiben. Einen Moment lang überlegte ich, ob ich den Putztag auf Donnerstag verschieben sollte, doch den verwarf ich. Nein, Donnerstag machen ich und Herbstglanz an einem Ausritt mit, da haben wir keine Zeit. Also gab ich Herbstglanz mein Begrüßungsleckerli und legte ihm das Halfter um, das die ganze Zeit schon an meiner Schulter baumelte. Ich führte Herbstglanz aus der Box und führte ihn zu dem Putzplatz im Stall. Ja, hier gab es einen überdachten, was der ganze Stolz des Hofes war. Ich band ihn an dem Holpfahl an, der quer an der Wand hing. Ich strich im eilig über das Fell und holte den Putzkasten, den mir mein Vater zu Weihnachten geschenkt hatte. Ich pustete den Staub herunter, obwohl ich nicht wusste, warum dieser dort war. Dann trug ich ihn zu meinem Pferd zurück, das dort schon ungeduldig hin und her trampelte. Etwas hochmotiviert, was? Ich stellte den schweren Kasten ab und öffnete ihn. Innen lagen fein geordnet Putzsachen von Striegel bis Huföl und von Hufkratzer bis Mähnenkamm. Ich klatschte aufmunternd in die Hände und griff nach dem Striegel. Herbstglanz wunderte es, dass ich heute sehr disziplieniert vom Haaransatz bis Po striegelte es. Doch es gefiel ihm und schlug vergnügt mit dem Schweif. Danach waren die Hufe dran, die ich dann noch mit Fett einstrich. So verbrachte ich die nächste Stunde. Dann aber war Herbstglanz fertig und ich völlig Fett verschmiert und verschwitzt. Die Haare hingen mir strähnig im Gesicht. Doch Herbstglanz Mähne war wie bei einem Turnier wunderschön hochgesteckt. Ich sehnte mich nach einer Dusche und deshalb beschloss ich nach Hause zu fahren. Doch ein Blick auf die Uhr zeigte, das bei mir niemand zuhause war und ich keinen Schlüssel hatte. Blöderweiße! Also band ich Herbstglanz los und führte ihn auf den Hof hinaus. Es war immer noch sehr kalt, doch wegen des Schweißes auf meiner Haut merkte ich das nicht. Herbstglanz schnupperte am Schnee, schüttelte sich mehrmals und drehte sich im Kreis. Er hatte Spaß und atmete die frische Luft in die Lunge ein. Ich führte ihn lustlos einmal um den Hof und dann wieder in den Stall. Meine Laune war neutral. Ich fühlte mich irgendwie nicht gesund und etwas dreckig. Ich fasste mir an die Stirn, die leicht erwärmt war. Mich überfiel plötzlich eine leichte Müdigkeit. Werde ich krank? Ach nö, bitte nicht. Ich führte Herbstglanz in die Box, füllte das Futter auf, gab Herbstglanz noch ein Leckerli und verließ dann den Stall. Zu allem Überfluss bekam ich jetzt auch noch Halsschmerzen, als ich mein Fahrrad aus dem Ständer holte und vom Hof fuhr. Naja, wenigstens ist mein Pflegepferd mal wieder wunderschön, was es in meinen Augen immer ist…