Das Chaos war mal wieder unbeschreiblich und die Erwachsenen-Quardrille eine Katastrophe. Angela, die im vollem Reiterdress mit einem Zeigestock in der Hand mitten in der Halle stand, war kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Ein paar Eltern mancher Gästekinder und auch sonstige Freitzeitreiter hatten sich zu einer Quardrille für das Winterfestival angemeldet. Darunter auch unerfahrene Reiter, die sich ängstlich an den Zügel ihrer Pferde festklammerten. Aber auch die sonst so braven Schulpferden wurde es zu bunt: Die Hengste buckelten und die Stuten zogen aus der Bahn… Und wir anderen hatten unseren Spaß. Wir saßen alle auf der Tribüne der Halle und lachten uns einen Ast. Es sah zu komisch aus. Angela wusste nicht ob sie lachen oder weinen sollte, so sehr strengte sie das an. Doch nach einer Weile verlies ich die Halle, obwohl die Anderen versuchten mich unzustimmen. Ich trat nach draußen. Die Luft war mild und angenehm. Die Pferde der Kinder, die in der Halle sich ablachten standen gesattelt draußen im Hof und wackelten unruhig mit den Ohren. Auch meine Stute Bellady war darunter und freute sich sehr, als ich sie von dem Eisenring losband und aufstieg. Ich wollte einen Ausritt machen und nahm den Weg zum Wald. Es war schön im Wald. Die ersten Vögel sangen und es roch einfach tierisch nach Frühling, obwohl es erst Februar war. Die Sonne schien durch dicke, graue Wolken hindurch und lies etwas Licht in den Wald scheinen. Bellady war super drauf. Sie schnupperte hier mal da, konzentrierte sich aber aufs traben. Nach einer Weile hörten wir plötzlich ein Wiehern. Es klang fern und nah und ich konnte nicht einschätzen, wie weit das Pferd weg war. Ich lies es bleiben, ohne mir Gedanken darüber zu machen. Mittlerweile war es dunkel geworden und es fing an zu tröpfeln. Ich war ärgerlich darüber, doch lenkte Bellady schließlich zurück zum Sonnenhof. Doch jetzt goss es wie aus Eimer und ich konnte nicht sehen, wohin ich ritt. Ich bog in einen Feldweg ein, ohne es zu merken. Bellady buckelte unruhig und zog heftig am Zügel. Ich schlug mir die Kapuze meiner Jacke über und galloppierte los, damit ich schneller ankam. Jetzt donnerte es los und Bellady wieherte einmal erschrocken. Zu allem Überfluss frischte der Wind auf und schleuderte mir den Regen ins Gesicht. Ich bog noch einmal irgendwo ein und da sah ich sie: Eine braune Trakhenerstute. Ich wusste nicht, ob sie zum Sonnenhof gehörte, der Regen war zu dicht. Sie war gesattelt und pitschnass. Sie stieg und ein lauter Donner grollte auf. Beide Pferde wieherten und ich musste achten auf dem Pferd zu bleiben. Die Stute vor mir galloppierte nun an uns vorbei und ich preschte hinterher. Es war kein Geländepferd, das war sicher, denn das Pferd stolperte oft. Der Regen war immer noch so stark, dass ich nicht wusste, ob er jemals wieder aufhören würde. Doch plötzlich verweigerte die Stute vor einem umgestürzten Baumstamm und war in der Falle. Ich stieg langsam ab und ging auf die aufgeregte Stute zu. Ich wusste nicht wie ich sie vor lauter Regen zu fassen bekam, jedenfalls hatte ich ihre Zügel in der Hand und schwang mich zurück auf meiner Stute. Blitze zuckten und machten die Pferde scheu. Meine Bellady stieg und riss die andere hoch. Da donnerte es noch einmal der Regen klatschte mir ins Gesicht und wie von der Tarantel gestochen rasste meine Stute los. Ich konnte mich nicht mehr halten, fiel vom Pferd und verlor das Bewusstsein…. „Emily? Emily, wach doch auf. Ein Glück, sie schlägt die Augen auf.“. Vor mir war meine Mutter und Angela gebeugt. Meine Mutter umarmte mich mit Tränen in den Augen. „Was ist passiert?“, fragte ich leicht benommen. Da fing Angela an zu erzählen: „Als der Regen einbrach, kam der Stallknecht und fragte wo Bellady sei. Ich erschrak und erinnerte mich, wie du die Halle verliest. Daraufhin dachte ich du wolltest du deinem Lieblingsplatz reiten und ich schickte Sepp, den Stallknecht mit dem Traktor los. Doch er blieb in einem Matschloch stecken. Er rief mich vom Handy aus an und blieb im Führerhaus. Nach einer halben Stunde regnete es immer noch und Sepp kam pitschnass mit zwei Pferden durchs Tor. Bellady und Feather. Beide waren total aufgeregt und verstört und Sepp lief gleich wieder vom Hof, nachdem er mir die Zügel in die Hand gedrückt hatte. Mittlerweile war deine Mutter hier und machte sich schreckliche Sorgen. Sepp suchte dich noch zu Fuß, doch er fand dich nicht und kroch in eine Höhle im Wald, weil er den Traktor nicht mehr fand. So blieb er die ganze Nacht, während ich versuchte ihn mit dem Handy zu erreichen. Am nächsten Morgen hatte der Regen aufgehört und er kletterte aus dem Wald. Direkt gegenüber von ihm lagst du zufälligerweise auf einen Stein gestürzt. Er trug dich bis zum Hof und deine Mutter und ich holten den Arzt. Der ist vor drei Minuten gegangen.“. „Was? Feather war die Stute?“. „Ja, sie war mal wider ausgebüxt.“. Und dann lachten die Erwachsenen herzhaft, während ich erleichtert den Kopf schüttelte.